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Das Schweizer Original

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Mindmapping für die Schule? MUSS DAS JETZT AUCH NOCH SEIN?

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Muss das jetzt auch noch sein? Nein, muss es nicht, ganz und gar nicht. Aber es darf. Denn längst haben gewitzte Schülerinnen und Schüler Mindmaps zu ihrer Gute-Noten-Geheimwaffe gemacht. Sie lernen mit ihr einfach gut, weshalb wir das Mindmapping Kindern und Jugendlichen in den persönlichen Lerncoachings bei fit4school als mögliche Lerntechnik vorstellen. Und tatsächlich stecken in Mindmaps bemerkenswerte lernpsychologische Vorteile – vorausgesetzt, man nutzt sie richtig.

von Pascal Ryf und Christian Rieder

Mit Mindmaps lassen sich bekanntlich Berge an Lernstoff, lassen sich ganze Seen, tief gefüllt mit Information, aufs Wesentliche reduzieren. Mit Mindmaps lernt man vor lauter Bäumen den Wald verstehen, denn sie schaffen Struktur und machen auf kreative Weise Unübersichtliches übersichtlich. Das kann natürlich fürs Lernen ausgesprochen nützlich sein – nicht nur in der Schule. Auch in Unternehmen und Organisationen wird weitverbreitet mit Mindmaps gearbeitet, hinauf bis ins höchste Management. Grund genug, der durch den britischen Psychologen Tony Buzan etablierten Technik an dieser Stelle mal etwas Platz einzuräumen.

Was macht die Mindmaps fürs Lernen so besonders?

Mindmaps eignen sich nicht nur hervorragend zur strukturierten Informationsverarbeitung in unserem Gehirn, sie passen vielmehr noch perfekt aufs menschliche Gedächtnissystem. Das ist der springende Punkt!

Gehen wir nämlich beim Mindmapping richtig vor, wählen den geschickten Aufbau des Baumdiagramms und schaffen Kategorien, reduzieren Inhalte auf die Essenz des zu Lernenden, arbeiten wir mit Zeichnungen, Symbolen, Farben, punktuell mit Grossbuchstaben usf., dann bereiten wir Informationen «gehirngerecht» zur Speicherung im Langzeitgedächtnis vor. Wir leisten gewissermassen Vorarbeit für unser Gehirn, wir bahnen den Weg, mit dem Informationen effizient und effektiv zur Ablage im neuronalen System enkodiert werden können. Wir schaffen mit Mindmaps also die idealen Voraussetzungen, um Sachverhalte und Zusammenhänge fest in unserem expliziten Gedächtnis zu speichern.

Und mehr noch: Unser Langzeitgedächtnis arbeitet gewissermassen selbst wie eine in höchstem Masse vernetzte «Gedächtnisstrassenkarte», mit Zentren, Ballungsräumen, Autobahnen, Nebenstrassen und sogar Schleichwegen; ein Netzwerk. Unser Gehirn zerlegt Information und speichert, geschickt verteilt im gesamten neuronalen Netzwerk, nur die wesentlichen Informationsteile. Doch gerade dieses geniale Ablagesystem erlaubt es uns, die zerlegten und komprimierten Daten im Bewusstsein wieder zu einem Ganzen zusammenzusetzen, die Mindmap vors geistige Auge zurückholen. Kurzum: Die übersichtliche Anordnung der semantischen Struktur des Wissens, wie wir sie aus dem Mindmapping kennen, passt perfekt auf unser Gehirn und fördert deshalb die stabile Erinnerbarkeit an Lerninhalte über lange Zeiträume.

Die Mindmap auf dem Handy: clever!

Und was sagen uns die Kinder, die Mindmaps zu ihrer Gute-Noten-Geheimwaffe erkoren haben: «Das wirklich Praktische ist, dass sich Mindmaps mit dem Handy fotografieren lassen. So ist der Lernstoff überall verfügbar. Die ganze Mindmap hat auf dem Display Platz und lässt sich bei Bedarf mit zwei Fingern ins Detail aufziehen.» Unglaublich und doch wahr: Die Kinder lernen so sogar auf dem Schulweg – mit dem Handy im Bus. Faszinierend. Und nein, nicht alle Kinder mit dem Handy in der Hand beschäftigen sich mit Gamen und Chatten.

Was die gewitzten Schülerinnen und Schüler längst festgestellt haben: Mindmaps eigenen sich ganz vorzüglich, um auf Prüfungen zu lernen. Logisch! Ist nämlich erstmal in kreativen Schritten eine griffige Darstellung des Lernstoffes als Mindmap erarbeitet, wird vor der Prüfung – durch die systematisch wiederholte Beschäftigung mit den Inhalten – der gelernte Stoff sogar noch weiter gefestigt, also im Langzeitgedächtnis noch fester verankert.

Nein, für alles sind Mindmaps nicht geeignet. Sie sind nicht die einzige effektive Methode, Lerninhalte zu strukturieren und zu verstehen, zu verinnerlichen und sich langfristig abrufbar zu merken. Doch richtig eingesetzt, haben sie tatsächlich das Potenzial zur Gute-Noten-Geheimwaffe.

«Gehirngerechte» Mindmaps fürs Lernen: 7 Tipps

1. Erstellen Sie Ihre Mindmap bereits beim Aufarbeiten des Lernstoffs. So rekapitulieren Sie diesen, müssen über die Inhalte nachdenken und ihn strukturieren: worum ging es, was waren die Kernaussagen und wie stehen diese miteinander in Zusammenhang? Bei der weiteren Beschäftigung mit Ihrer Mindmap, also zum Beispiel beim Repetieren oder Lernen auf eine Prüfung, beschäftigen Sie sich wiederholt mit den Inhalten. Durch die Wiederholung bewertet unser Gehirn Informationen mit einer höheren Relevanz, was dem Abspeichern der Inhalte zuträglich ist!

2. Reduzieren Sie Lerninhalte für Ihre Mindmap auf so genannte Keywords, auf Schlüsselbegriffe. Damit dampfen Sie gewissermassen Informationen auf ihre Essenz ein, ohne dass ihre inhaltliche Zusammensetzung verloren gehen würden, abgesehen vom unwesentlichen Drumherum selbstverständlich. Im Grunde verbirgt sich hinter jedem Schlüsselbegriff, den Sie in Ihre Mindmap schreiben, eine weitere Mindmap. Noch besser geeignet als Schlüsselbegriffe sind kleine Zeichnungen respektive Bilder – oder die Kombination von Keyword und Bild. Schrift ist bekanntlich ein Zeichensystem, transportiert also kodierte Information schon in sich auf ziemlich abstrakte Weise. Machen Sie es Ihrem Gehirn mit Bildern und Zeichnungen einfacher!

3. Bevor Sie mit Zeichnen beginnen: Schaffen Sie auch bei angeblich rein abstrakten oder vermeintlich unnützen Lerninhalten Assoziation zu Ihrem «normalen» Leben. Fragen Sie sich auch, wie man das Gelernte praktisch anwenden könnte bzw. welche Anwendungsgründe existieren. Oder fragen Sie sich, wie Sie anhand Ihrer Mindmap die Lerninhalte einem Aussenstehenden vermitteln könnten.

4. Zeichnen Sie Ihre Mindmap unbedingt von Hand. Das fördert nicht nur die Kreativität, sondern aktiviert ungeahnt viele «Bereiche» in Ihrem komplexen Netzwerk Gehirn. Damit können zusätzliche Verbindungen hergestellt werden, was die Zahl der «Speicherorte», Anknüpfungspunkte und somit Kombinationsmöglichkeiten erhöht und das spätere Abrufen der Information erleichtert.

5. Schaffen Sie beim Zeichnen und Beschriften visuelle Unterschiede. Unsere Sinne – und dazu gehört selbstverständlich das Sehen – sind Spezialisten im Wahrnehmen von Unterschieden und wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf solche. Arbeiten Sie also mit verschiedenen Farben, mit unterschiedlichen Symbolen, zeichnen Sie die Äste des Baumdiagramms unterschiedlich dick, titeln Sie in Grossbuchstaben, verwenden Sie unterschiedliche Schriftgrössen und so weiter und sofort.

6. Ordnen Sie einem Ast in Ihrem Baumdiagramm nicht mehr als sieben Unteräste zu. 7 ist die so genannte Millersche Zahl. Sie beschriebt die Tatsache, dass ein Mensch gleichzeitig nur 7 ± 2 Informationseinheiten, so genannte «Chunks», im Kurzzeitgedächtnis präsent halten kann. Denken Sie daran: Der Weg des Lernstoffs ins explizite Langzeitgedächtnis führt immer über das Kurzzeitgedächtnis! Überfordern Sie dieses nicht!

7. Die Mindmap soll zum liebevoll erstellten, gut gehüteten, eigenen Werk werden. Machen Sie sich das Wissen, das in Ihrer Mindmap steckt, zu eigen – im wahrsten Sinne des Wortes! Denn zu dem, was einem gehört, baut man eine völlig andere Beziehung auf. Ihr Gehirn wird Sie für Ihre emotionale Bindung zu Ihrer Mindmap belohnen!


Die Autoren

Pascal Ryf

Pascal Ryf ist Schulleiter EDK, diplomierter Lehrer für Geschichte, Geografie, Mathematik und Religion und als Co-Geschäftsleiter der Stiftung fit4school und als Präsident der Non-Profit-Organisation educampus tätig, dem ersten Kinder- und Jugendcampus der Schweiz. Gleichzeitig ist Pascal Ryf Landrat, Präsident der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission des Kantons Basel-Landschaft und Stiftungsrat der Volkshochschule beider Basel. Er hat sich auf die schulergänzende Förderung und ausserschulische Lernunterstützung spezialisiert und fokussiert bei seiner Arbeit die intrinsische Lernmotivation von Kindern und Jugendlichen.

Christian Rieder

Christian Rieder ist Leiter Corporate Communications der Stiftung fit4school und parallel zu seiner Funktion als freischaffender Kommunikationsberater und Redenschreiber in der Politik, im Nonprofit-Bereich und der Wirtschaft tätig, wo er sich intensiv mit Kognitionspsychologie aus Sicht der Kommunikation beschäftigt. Als Gastreferent an Schulen sensibilisiert Christian Rieder Jugendliche und junge Erwachsene für die Themen Kommunikationsethik und Medienkompetenz.

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