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Lukas Alt: Ist nach den Sommerferien der ganze Schulstoff vergessen?

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Das Zeugnis ist besprochen, Leichtigkeit macht sich breit, die grossen Ferien sind da; für die meisten Schülerinnen und Schüler ist es die schönste Zeit des Jahres! Süsses Nichtstun ist angesagt, chillen. Doch fordert dieses mehrwöchige Dolcefarniente seinen Tribut, sobald die Schule wieder beginnt? Mag man sich noch an den Stoff des vorigen Schuljahres erinnern? Wir haben bei Lukas Alt nachgefragt, beim Präsidenten der Stiftung fit4school.

| von Christian Rieder |

Lukas Alt, zahlreiche Studien belegen: Kehren die Kinder und Jugendlichen nach den Sommerferien in die Schule zurück, werden sie das Schuljahr mit einem tieferen Leistungsniveau beginnen. Sie wurden während der grossen Ferien schulisch schwächer. Stimmt das?

Ja, das stimmt. Wir bezeichnen das Phänomen als «summer learning loss», was so viel bedeutet wie Sommerrückschlag, sommerlicher Lernrückschritt. Allerdings sind die Sommerferien bei uns zu kurz, als dass das Phänomen hierzulande wirklich spürbar wäre.

Im Tessin dauern die Sommerferien fast 11 Wochen.

In den meisten Kantonen dauern die Sommerferien 5 bis 6 Wochen. Das ist zu kurz, um das Gelernte zu vergessen. Im Tessin ist die Gefahr grösser. Im Tessin dauern die Sommerferien fast 11 Wochen.

Je länger die Ferien dauern, desto grösser die Gefahr eines «summer learning loss». Kann man das so formulieren?

Könnte man. Die meisten Studien zum Thema sommerlicher Lernrückschritt stammen aus den USA, wo die Ferien bis zu 3 Monate dauern. In Europa ist die Länge der Sommerferien regional sehr unterschiedlich, in der Regel viel kürzer, und Studien gibt es nur wenige.

Interessant sind die Erkenntnisse aus Nordamerika trotzdem. Lange ging man davon aus, dass in den USA die Leistungsergebnisse der Schülerinnen und Schüler während der Sommerferien im Durchschnitt um einen Monat des Schuljahreslernens zurückgingen. Neuere Studien sprechen nun von 25 und 30 Prozent des Schuljahreslernens, das im Sommer verloren geht. Das ist schon erstaunlich.

Sind dabei soziale Unterschiede zu erkennen?

Praktisch alle Studien kommen zum Schluss, dass Kinder aus einkommensschwachen Familien und Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund besonders vom «summer learning loss» betroffen sind und der Lernverlust dabei auf höheren Klassenstufen sogar noch grösser wird. Das ist übrigens auch in Europa so, auch bei uns in der Schweiz.

Sprachpraxis ist wichtig, auch während der Ferien.

Interessant ist auch, dass die Rückgänge in Mathematik stärker sind als beim Lesen. Viele Kinder und Jugendliche verschlingen erfreulicherweise in den Ferien Bücher. Das könnte der Grund sein, weshalb gerade die Muttersprache nicht so stark betroffen ist. Bei der Rechtschreibung hapert es leider trotzdem. Und fremdsprachige Kinder bauen bei uns in der Deutschschweiz in den Sommerferien deutlich im Deutsch ab, in der Unterrichtssprache also. Gleiches ist in den französischen Landesteilen mit dem Französisch festzustellen, im Tessin mit dem Italienisch. Ein bisschen «summer learning loss» haben wir also auch bei uns. Wichtig ist, dass sich fremdsprachige Kinder und Jugendliche auch während der Ferien in ihrer Unterrichtssprache unterhalten und nicht nur in ihrer Muttersprache.

In den USA versucht man, dem «summer learning loss» mit Sommerschulprogrammen zu begegnen. In den fit4school Lern- und Coachingcentern bieten Sie während der Ferien Intensivtrainings und Ferienkurse in den meisten Schulfächern an. Macht das Sinn, wenn es bei uns kaum oder gar keinen Sommerlernverlust gibt?

Die Intensivtrainings und Ferienkurse bei fit4school verfolgen ein ganz anderes Ziel. Bei uns geht es darum, bei Bedarf gezielt Lernrückstände aufzuholen, fachliche Lücken zu schliessen, Verständisschwierigkeiten auszuräumen und sich einen Vorsprung für die kommende Schulzeit zu verschaffen. Dafür eignet sich die belastungsfreie Ferienzeit sehr gut. Durch den Lernerfolg steigt die Motivation und gleichzeitig die Freude am Schulfach, zum Beispiel für Mathematik. Das lohnt sich.

Die Ferienschulprogramme in den USA haben zum Ziel, dass bei den Kindern und Jugendlichen das Gehirn eingeschaltet bleibt, dass die Kids nicht einfach abhängen und gar nichts mehr tun. Diese Gefahr ist gerade bei bildungs- und einkommensschwachen Familien und unterprivilegierten Bevölkerungsteilen leider gross.

Intensivtrainings und Ferienkurse bei fit4school dauern nur 5 Tage und finden in der Regel am Morgen statt.

Deshalb laufen die Ferienschulprogramme in den USA auch häufig während der gesamten Ferienzeit. Bei unseren Intensivtrainings und Ferienkursen sprechen wir von einer Woche, die die Kinder und Jugendlichen in Anspruch nehmen, von 5 Tagen, meist jeweils am Morgen. Der Nachmittag auch in dieser einen Woche soll unbedingt freie Ferienzeit bleiben, wie die gesamten andern meist 5 Ferienwochen auch. Ferien sind ausserordentlich wichtig!

Besteht bei uns in der Schweiz nicht auch das Risiko, dass Kinder und Jugendliche in den Sommerferien ihr Gehirn abschalten und nur noch rumhängen?

Wir Eltern sind gefordert! In der Tat besteht dieses Risiko, gerade bei Kindern und Jugendlichen, die wenig eigene Ideen haben, sich sinnvoll zu beschäftigen.

Mit sinnvoller Beschäftigung meine ich nicht, während der Sommerferien einfach für die Schule zu lernen. Sinnvoll ist, was das Gehirn auf Trab hält, Spass macht und Interessen wie auch den Ausgleich fördert. Wir lernen ja nicht nur in der Schule.

Was für Beschäftigungen meinen Sie?

Sportliche Aktivitäten sind toll. Wie wäre es mit einem kleinen Turnier? Auch Kreatives ist hoch im Kurs, T-Shirts designen zum Beispiel. Oder das Fotografieren und mit den Bildern ein Ferienfotoalbum gestalten. Oder Handwerkliches, Seifenkistenbauen oder eine Seilbahn aus Lego konstruieren. Kinder könnten auch ein Gartenrestaurant für die Familie und Nachbarn eröffnen. Auch Ferienpässe und Sommerlager könnten spannend sein.

Was geistig anregt, ist gut.

Auch auf Reisen lässt sich viel unternehmen: Ausgrabungsstätten oder Naturparks lassen sich zum Beispiel besuchen, Sonnenaufgänge und die Tierwelt beobachten, bei schlechtem Wetter könnte man ein Museum erkunden.

Hauptsache, die Ferienbeschäftigungen regen geistig an. Alles Aktive, das Abwechslung bringt, ist und tut gut! Daraus schöpfen Kinder und Jugendliche Kraft fürs neue Schuljahr, und sie sind bereit, wenn es wieder ernst gilt.

Herr Alt, vielen Dank für das Gespräch – ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie schöne Ferien!

Das wünsche ich Ihnen auch, bleiben Sie interessiert!

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