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Das Schweizer Original

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So lernen die Profis: Die Zauberkraft der Assoziation

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Sie erleichtern das Lernen und Behalten von neuen Informationen: Mnemotechniken. Vom Knopf im Taschentuch über einen Vers bis hin zum Gedächtnispalast, die faszinierenden Methoden zur Unterstützung der Erinnerung setzen nicht nur Gedächtnissportler ein, sondern auch viele Schülerinnen und Schüler.

| von Christian Rieder |

In vielen Kulturen bildet das Auswendiglernen bis heute eine Hauptform des schulischen Lernens. In der westlichen Welt ist es verpönt. «Verständnislernen» ist angesagt, Lernen durch Verstehen. Allerdings besagen Theorien, dass sich durch trainiertes Auswendiglernen das Erinnerungsvermögen insgesamt steigern lasse, und zwar drastisch. Die Unterscheidung von Auswendiglernen und Verständnislernen ist seit der Reformpädagogik populär – aber gleichzeitig auch problematisch, denn auch Auswendiglernen schliesst eine geistige Auseinandersetzung mit dem Lernstoff ein, bis zu einem gewissen Grad mindestens.

Es soll an dieser Stelle nicht darum gehen, die möglichen Vor- und Nachteile des Auswendiglernens zu bewerten. Tatsache ist, dass in der Schule, in der Berufsbildung, im Studium und in der Weiterbildung nach wie vor viel auswendig gelernt werden muss. Denken wir nur schon ans Einmaleins, an die Hauptstädte Europas, an die Rechtschreibung, an französische Vokabeln oder an das Periodensystem der Elemente.

Wie prägt man sich Text, Zahlen oder andere Informationen ein, damit man sie später der Lernvorlage getreu wiedergeben kann?

Es stellt sich also die Frage: Wie speichere ich Informationen, Fakten, in mein semantisches Gedächtnis ab? Und es stellt sich die Frage: Wie rufe ich diese Informationen wieder ab, wie kann ich sie wiedergeben? Oder anders gefragt: Wie lerne ich möglichst einfach auswendig?

Die Antwort lautet: mit Mnemotechniken. Sie waren schon unter den Römern und Griechen gebräuchliche Methoden, nicht nur, um einfach auswendig zu lernen, sondern auch, um das Gedächtnis insgesamt zu schulen. Es ist bemerkenswert, dass Mnemotechniken von der Wissenschaft fast schon systematisch ignoriert werden, weder Pädagogen noch Hirnforscher interessieren sich für sie, oder nur wenige. Weshalb ist nicht bekannt.

Schon die Redner des antiken Griechenlands und Roms bedienten sich mnemotechnischer Mittel.

Stures Auswendiglernern ist natürlich Blödsinn. Darüber sind sich alle einig. Mnemotechniken aber gehen weit darüber hinaus, denn sie nutzen die Zauberkraft der Assoziation, sie schaffen einen Kontext, geben dem Lernstoff einen Sinn. Mnemotechniken sind Methoden zur Unterstützung der Erinnerung, sie erleichtern das Lernen und Behalten von neuen Informationen, verbessern die Erinnerung deutlich – und ihre Anwendung macht sogar richtig Spass!

Mnemotechniken unterstützen unser Gedächtnis, sie funktionieren. Das wissen Lernprofis und Gedächtniskünstler. Und das wissen Lernende, die verschiedene Mnemotechniken kennengelernt haben und die für sie passenden anwenden. Schülerinnen und Schüler, die den Vorteil von Mnemotechniken begreifen, beginnen schnell ihre eigenen Techniken zu entwickeln.

Zu den bekanntesten Mnemotechniken gehören Merksätze, wie «wer nämlich mit h schreibt ist dämlich», oder «nie ohne Seife waschen» zum Merken der Himmelsrichtungen. Auch Akronyme werden gerne eingesetzt, aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter gebildete Kurzwörter. Oder der Einsatz eines Akrostichons ist beliebt, einem Satz, bei dem der erste Buchstabe der einzelnen Wörter das zu erinnernde Wort andeutet: «Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel», zum Einprägen der Planetenreihenfolge von der Sonne aus.

Die Loci-Methode hilft dem Gedächtnis, sich Dinge besser einzuprägen.

Redner und Gedächtnissportler setzen gerne die Loci-Methode ein. Gedächtnisinhalte werden bei dieser mnemotechnischen Lernmethode und typischen Assoziationstechnik an Punkten auf einem bekannten Weg abgelegt, auf dem Schulweg zum Beispiel, oder aber in einem (realen oder auch fiktiven) Raum. Ein sogenannter Gedächtnispalast wäre eine erweiterte und recht anspruchsvolle Anwendung der Loci-Methode: Ein prächtiges, weitläufiges Gebäude, meist schlossartig, wird dabei zu einer umfassenden Informationsverankerung in allen Wissensbereichen genutzt.

Es gibt viele weitere Mnemotechniken. Solche, die auf Geschichten aufbauen zum Beispiel, geistige Visualisierungen oder die Schlüsselwortmethode. Mit ein wenig Übung in der Anwendung, erzielt man mit all diesen Techniken erstaunliche Resultate.

Mnemotechniken haben Zauberkräfte, aber auch ihre Grenzen.

Und trotzdem, die Mnemonik ist kein Wunderwerk. Sie hat ihre Grenzen. Mnemotechniken eigenen sich zum Beispiel nicht, um schwierige Texte zu verstehen und daraus Schlüsse zu ziehen. Und manchmal sind sie auch übertrieben zeitaufwändig. Aber wenn es ums Auswendiglernen geht, ja dann lässt sich mit ihnen vieles schnell – und häufig auch ein Leben lang – merken.

Übrigens: Das Wort Mnemonik leitet sich von Mnemosyne ab, einer Gestalt der griechischen Mythologie. Mnemosyne ist die Tochter des Uranos und der Gaia. Sie gehört somit zu den Titanen – und sie gilt als Göttin der Erinnerung! Auch ein Fluss in der Unterwelt heisst so. Im Gegensatz zur Lethe führt die Mnemosyne, wie die Göttin, nicht Vergessen herbei, sondern – logisch – die Erinnerung …

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