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So lernen die Profis: Rote Karte für den Self-Serving Bias

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Der Self-Serving Bias ist ein Schädling. Wer auf ihn hereinfällt, verpasst 50% des eigentlichen Ziels. Und das ist in der Tat schade, unabhängig vom Ausgang einer Prüfung.

| von Christian Rieder |

Jubel! Dein Prüfungsresultat ist da. Wunderbar, alles perfekt – beinahe! Ein Feuerwerk, voller Erfolg. Aber im Grunde ist das positive Ergebnis das einzig logische Resultat, denn a) bist du schlau und b) hast du dich perfekt auf die Prüfung vorbereitet. Gut gemacht! Glanzresultat. Das Prüfungsthema lässt sich somit getrost abhaken.

Katastrophe! Das Prüfungsresultat ist da. Wie erwartet: alles komplett verhauen. Logisch! Die Aufgaben waren unpräzise gestellt, die Hälfte der Lerninhalte wurden vorgängig gar nie vermittelt. Die Prüfungszeit war eh viel zu knapp bemessen. – Und überhaupt, die Hitze im Prüfungsraum: wer soll sich da konzentrieren können? Unfair. Aber was soll’s? Die Prüfung ist durch. Haken wir die Sache also ab.

Wir Menschen haben die Tendenz, eigene Erfolge eher inneren Ursachen (wie eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten) und eigene Misserfolge eher äusseren Faktoren zuzuschreiben. In der Psychologie nennen wir dieses Phänomen «Self-Serving Bias». Und diese selbstwertdienliche kognitive Illusion ist gefährlich – oder fürs Lernen, schade.

Den Self-Serving Bias kennen auch Fussballfans: Wir haben gewonnen; sie haben verloren (die eigene Mannschaft). Beim Fussball ist der Bias unerheblich, vorausgesetzt man ist nur Fan, gehört also nicht selbst zur Mannschaft oder ist deren Trainer.

Wir sind nie selbst schuld. Ausser, wir haben Erfolg.

Heikel wird die selbstwertdienliche Illusion im Management von Unternehmen. Der CEO schreibt das überaus gute Jahresergebnis seinen ausgezeichneten Entscheidungen zu und seiner bemerkenswerten Führungskompetenz, ein schlechtes Jahresergebnis allerdings Währungsschwankungen und einer schlechten Konsumentenstimmung. Fatal kann der Self-Serving Bias für Spekulanten an der Börse werden. Fährt man einen satten Gewinn ein, glorifiziert man sich selbst, bei einem Verlust ist die schlechte Börsenstimmung schuld. Die wahren Gründe für den finanziellen Erfolg respektive Misserfolg bleiben unreflektiert. Erkenntnisgewinn im Hinblick auf eine nächste Investition? Fehlanzeige.

Aber weshalb wirkt sich der Self-Serving Bias ungünstig auf den Lernerfolg aus? Weil er die Auseinandersetzung mit Fehlern von vorneherein ausschliesst – und zwar die Auseinandersetzung mit gemachten Fehlern und auch mit eben nicht gemachten Fehlern. Kurz: zum Schluss fehlt die Fehleranalyse. Und diese wäre nach absolvierter Prüfung ausserordentlich wertvoll für die nächsten Lernschritte. In der Fehleranalyse steckt die Hälfte des gesamten Wissens-, Verständnis- und Erkenntnisgewinns.

In der Fehleranalyse steckt die Hälfte des gesamten Wissens-, Verständnis- und Erkenntnisgewinns.

Wer also langfristig Erfolg haben will, der bereitet sich auf die Prüfung nicht nur gut vor, sondern schaut sich die Aufgaben und seine Lösungen im Nachgang nochmals genau an, kritisch, analytisch – und ohne dem Self-Serving Bias auf den Leim zu gehen. Die Frage ist: Weshalb habe ich die Aufgabe richtig oder falsch (oder gar nicht) gelöst, wie kam ich auf mein Resultat oder zu meiner Einschätzung? Der Gewinn aus der Analyse jeder einzelnen Aufgabe ist erstaunlich und lässt sich ansatzweise übrigens auch mit Testprüfungen und dem Lösen von Nullserien erzielen – oder an der Börse.

Wer noch mehr Lernerfolg haben will, der schaut sich nicht nur die eigenen Fehler respektive Nicht-Fehler an, sondern analysiert auch jene der andern. Die Selbsterklärung der korrekten und ganz besonders der inkorrekten Überlegungen anderer Personen wirkt überdies – aus eigener Erfahrung – ausgesprochen motivierend!

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